Wetterrückblick Winter 2022/23 mit klimatologischer Einordnung
Auch der vergangene Winter war wieder einmal ein ausgesprochen milder Vertreter mit einer Abweichung von 2,6 K gegenüber dem Referenzzeitraum 1961-90 und damit bereits der zwölfte (!) zu warme Winter in Folge, nachdem es 2010/11 letztmals einen zu kalten Winter gab. Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass es eine derart lange Serie zu warmer Winter seit Beginn der kontinuierlichen Aufzeichnungen 1881/82 noch nie gab. Selbst gegenüber dem bereits deutlich von der Klimaerwärmung geprägten Zeitraum 1991-2020 war der vergangene Winter mit 1,5 K immer noch deutlich zu warm.
Auch wenn es im Laufe des Winters durchaus einige (kurze) winterliche Episoden mit Schnee und Frost bis ins Tiefland gab (mittlerweile auch keinesfalls mehr selbstverständlich), so waren auch alle 3 Wintermonate für sich selbst betrachtet ausnahmslos (deutlich) zu warm. Noch vergleichsweise winterlich gestaltete sich der Winterbeginn im Dezember, doch eine nahezu beispiellose winterliche „Hitzewelle“ nach Weihnachten ließen den Monat noch ins Plus drehen, sodass der Monat am Ende mit durchschnittlich 1,8 °C noch 1,0 K zu warm ausfiel. Die massiv überdurchschnittlichen Temperaturen gipfelten zum Jahreswechsel in Höchstwerten von bis zu 20 °C und lagen dabei verbreitet auf einem Niveau, dass man sonst erst mitten im Frühling erwarten würde. Und selbst in der Silvesternacht blieben die Werte häufig im deutlich zweistelligen Bereich, sodass der Jahreswechsel auch im T-Shirt begangen werden konnte. Folglich fielen nahezu landesweit an hunderten Wetterstationen Temperaturrekorde sowohl bezüglich der wärmsten Dezember- und Januartage als auch -nächte, die vielfach erst genau ein Jahr zuvor aufgestellt wurden. Die Phase extrem überdurchschnittlicher Temperaturen mit verbreitet zweistelligen Höchstwerten hielt noch bis Mitte Januar an, bevor einigermaßen jahreszeitengemäßes Wetter Einzug hielt. Nichtsdestotrotz notiert der Januar 2023 am Ende mit einer Durchschnittstemperatur von 3,6 °C deutlich über dem Klimamittel. Mit einer Abweichung von + 4,1K war er einer der zehn wärmsten Januare seit mindestens 1881. Überhaupt lag von den letzten 13 Januaren seit 2011 nur ein einziger unter dem Klimamittel von 1961-90. Zudem war der Januar 2023 mit nur etwas über 30 Sonnenstunden ein ausgesprochen trüber Monat, der allerdings immerhin sein Niederschlagssoll leicht übererfüllen konnte. Der Februar hingegen konnte zumindest mit einigen winterlichen Streifschüssen aufwarten, war zwischenzeitlich jedoch auch von frühlingshaften Phasen gekennzeichnet, sodass auch er mit 3,2 °C ebenso deutlich über der Referenzperiode (+2,8 K) lag.
Hinsichtlich des Niederschlags zeigte sich der Winter 2022/23 bezogen aufs gesamte Bundesgebiet mit rund 180 mm ziemlich ausgeglichen, wenngleich ein deutliches Nordost-Südwest-Gefälle auftrat. Während der Nordosten Deutschlands verbreitet überdurchschnittlich viel Regen (und etwas Schnee) abbekam, blieb es im Südwesten deutlich zu trocken, sodass hier vielfach ein Drittel des Winterniederschlags fehlt. Insbesondere der Februar fiel in diesen Regionen teils extrem trocken aus. Noch dramatischer gestaltete sich die Situation in Teilen des Alpenraums und Frankreich, welche einen extrem schneearmen Winter bzw. nahezu niederschlagsfreien Februar erlebten und somit mit Sorge auf das Sommerhalbjahr blicken müssen. Die Sonnenscheinausbeute lag in diesem Winter mit ca. 160 h hingegen einigermaßen im Mittel (etwas weniger als in den letzten 30 Jahren üblich, aber immer noch etwas mehr als im Mittel 1961-90). Besonders trüb war es jedoch in der Osthälfte, die es stellenweise nur auf ca. 60% des langjährigen Mittels brachte.
Auch in Sachsen war der Winter 2022/23 mit durchschnittlich 2,4 °C ganze 2,8 K zu warm ggb. 1961-90 (1,7K wärmer verglichen zu 1991-2020), was ihn hier zu den 12 wärmsten Wintern seit 1881/82 macht und zum 10. zu warmen Winter in Folge seit dem Winter 2012/13, der hier im Gegensatz zum gesamten Bundesgebiet etwas kühler ausfiel als im langjährigen Mittel. Bezüglich des Niederschlags war die Bilanz mit 150 mm nahezu ausgeglichen, wobei insbesondere im Flachland nur ein kleiner Teil als Schnee fiel. Aber auch die Schneeausbeute im Erzgebirge war in diesem Jahr aufgrund vieler sehr milder Tage deutlich unterdurchschnittlich. Mit nicht einmal 140h machte sich die Sonne zudem hier bis zu 25% rarer als in den vergangenen Jahrzehnten üblich.
Die beiden Leipziger DWD-Wetterstationen in Holzhausen und am Flughafen Leipzig/Halle registrierten ebenso einen mit durchschnittlich 3,1 bzw. 3,4 °C um 1,6 bzw. 2,8 K zu warmen Winter. Nichtsdestotrotz konnten eine zweistellige Anzahl an Schneedeckentagen und 9 bzw. 12 Eistage (Tmax < 0°C) und bis zu 40 Frosttage (Tmin < 0°C) beobachtet werden, wodurch er zumindest kein Totalausfall wie im Vorjahr war. Besonders in Erinnerung bleibt auch in Leipzig der Jahreswechsel 2022/23, welcher mit Höchstwerten von 17,6 °C bzw. 17,9 °C am 31.12.2022 sowie 16,1 °C am 02.01.2022 nicht nur jeweils neue Dekadenrekorde aufstellte, sondern selbst die alten Rekorde bezogen auf den Gesamtmonat teilweise pulverisierte. Geradezu spektakulär, aber gleichermaßen auch sehr besorgniserregend ist der Temperaturtiefstwert von 13,2 °C, welcher am 01.01.2023 in Leipzig-Holzhausen aufgestellt wurde und den alten Höchstwert um fast 3K (!) übertroffen hat – selbst die teilweise 150 Jahre rückreichende Zeitreihe von März (!) kann nicht annähernd mit derart hohen Werten aufwarten (Maximum sind 11,8 °C vom 04.03.1998). Die Kombination aus extrem warmen Tagen und Nächten um den Jahreswechsel herum sorgte schließlich auch für Tagesmitteltemperaturen von bis zu 15 °C, die bisher in Leipzig im Winter völlig unbekannt waren. Auch hier wurden die teilweise erst exakt 1 Jahr zuvor aufgestellten Rekorde um teils mehrere Grad übertroffen.
Datenquelle: DWD-Statistik für Deutschland und Sachsen, Zeitreihen der DWD-Stationen Leipzig-Holzhausen und Flughafen Leipzig/Halle